Die Ostheimer Unterwelt ist bald ein Ort der Weinseligkeit
Manche finden Ostheim überirdisch schön. Aber auch unterirdisch hat der Luftkurort so seine Reize. Zum Festwochenende am 22./23. Mai wird ein alter Keller, dessen Gänge bis vor die Kirchenburg reichen, zur kühlen Weinstube umfunktioniert.
Ostheims Bier wurde darin gelagert, er war der offizielle Luftschutzkeller im Zweiten Weltkrieg, bis in die jüngste Zeit eine Art Atemschutz-Strecke für die örtliche Feuerwehr und am großen Festwochenende zum Stadtjubiläum wird er sich als unterirdische Weinlaube präsentieren.
Der alte Keller, der am Ostheimer Feuerwehrgerätehaus beginnt und bis etwa zum Waagglockenturm vor der Kirchenburg-Anlage führt, kann so einiges aus der Ostheimer Geschichte erzählen. Und die fleißigen Männer von der Ostheimer Feuerwehr mit Kreisbrandmeister Thomas Graumann an der Spitze sind seit Wochen dabei, den Kellergang herzurichten, damit er zum Stadtjubiläum fein herausgeputzt als kühle Wein-Stube dienen kann. „Wir haben jede Menge Unrat aus dem Keller geholt, der auch von unseren Feuerwehr-Übungen übrig geblieben war“, erklärt Graumann. Mittlerweile wurde die Beleuchtung wieder hergerichtet, damit der Gang in die Ostheimer Unterwelt sicheren Fußes erfolgen kann.
„Viele wissen um die Existenz dieses Kellers, aber nur wenige haben ihn bisher betreten können“, nennt Graumann eine der Motivationen. Der Gang in den Keller ist aber am Festwochenende am 22. und 23. Mai längst keine Einbahnstraße. Tatsächlich sollen die Besucher links am Feuerwehrhaus in das Gewölbe einsteigen und kurz vor dem Waagglockenturm wieder ans Tageslicht gelangen. Dort ist dann eine Laienspielschar aus Thulba zu sehen, die ein mittelalterliches Stadtleben mit Gauklern und Tänzern und vielem mehr darstellt. „Das ist dann ein buchstäblicher Gang in die Geschichte“, wie es sich Bürgermeister Adolf Büttner vorstellt.
Axel Kochinki, Diplombraumeister und Chef der alteingesessenen Ostheimer Streckbräu von 1718, weiß noch einiges zu erzählen über den Keller, der sich seit Brauereigründung im Firmenbesitz befindet. „Das war schon der Bierkeller der Brauerei, als die sich noch in der Hauptstraße befunden hat, wo sich jetzt das Warenhaus Manns befindet“, weiß Brauerei-Chef und Stadtrat Kochinki.
„Hier wurde auch das Eis gelagert, das vom Eissee in großen Schollen hierher gebracht wurde und wegen der konstant kühlen Temperatur von rund acht bis zehn Grad auch im Sommer nicht schmolz“. Im Zweiten Weltkrieg war es auch der offizielle Luftschutzkeller, der auch einmal zum Einsatz kam.
Bis 1968 wurden die Gänge als Bierkeller genutzt. Auch die jungen Malz-Keimlinge hatten in den feuchten Kellern beste Wuchsbedingungen, bis die Streck-Bräu auf eine eigene Malz-Herstellung verzichtete. Später waren es die Männer der Ostheimer Feuerwehr, die das unterirdische Gangsystem für Atemschutzübungen nutzte.
Bei allem praktischen Nutzen bleibt noch ein Geheimnis, das auch am Festwochenende wohl nicht gelüftet wird. Denn am Ende des Kellers ist noch ein weiterer Gang, allerdings verschüttet. Er könnte weiter zur Lichtenburg führen. Es geht schon immer das Gerücht in Ostheim, dass ein alter Gang die Kirchenburg mit der Lichtenburg verbindet. Wer weiß, ob der nicht als Versorgungsgang diente, als die Kirchenburg einmal belagert war. Das war in der 1200-jährigen Geschichte Ostheims glücklicherweise nur einmal der Fall. Ansonsten sind es friedliche Belagerungen, die die Stadt am Fuß der Rhön heimsuchen. So wie am Festwochenende im Mai, wenn Besucher aus nah und fern das Jubiläum Ostheims feiern, wo es über- und unterirdisch schön ist.