Als lokaler Braubetrieb hat Diplombraumeister Axel Kochinki von der Firma Streck-Bräu diesen Fragenkatalog an alle Landtagskandidaten des hiesigen Wahlkreises geschickt, weil er sich von den Politikern Antworten erhoffte, an die man sie später erinnern kann. Es gehe dabei keineswegs um Wahlwerbung, sondern lediglich darum, das Problem Alkoholmissbrauch in der öffentlichen Wahrnehmung präsent zu machen, so Kochinki bei einem Pressegespräch in der vergangenen Woche.
Antworten erhielt der Leiter der mittelständischen Ostheimer Brauerei von dem CSU-Landtagskandidaten Dr. Bernd Weiß, dem SPD-Kandidaten Wolfgang Brühl sowie von dem FDP-Kandidaten Egon Stumpf, der persönlich zu dem Pressegespräch erschien und sich "vis à vis" den Fragen stellte.
Der Grundtenor aller drei Fraktionen ging in die gleiche Richtung. Man war sich einig, dass allgemeine Vorschriften und Einschränkungen nicht geeignet sind, um spezifische Probleme zu lösen. So antwortete SPD-Kandidat Wolfgang Brühl etwa auf die Frage ob eine Senkung des deutschen Pro-Kopf-Konsums ein probates Mittel zur Bekämpfung des Missbrauchs wäre mit: "Eine Reduzierung des Durchschnittkonsums aller ist nicht zielführend. Ich sehe hier kein suffizientes Mittel zur Reduzierung des Missbrauchs von Alkohol."
Ähnlich äußert sich Egon Stumpf zum Thema "Senkung der Promillegrenze im Straßenverkehr". Es bestünde bereits jetzt ein "hohes Abschreckungsniveau", so der FDP-Kandidat, trotzdem bekomme man das Problem nicht richtig in den Griff. Dies zeige, dass Maßnahmen dieser Art nicht die erwünschte Wirkung hätten und man andere Wege der Aufklärung suchen müsse.
Ganz allgemein beschrieb Dr. Bernd Weiß die Situation. Er sei prinzipiell der Meinung, dass "mit immer mehr Ge- und Verboten eine immer kompliziertere Welt nicht in den Griff zu bekommen ist" und "die Antwort auf eine komplizierte Welt ist mehr Eigenverantwortung statt immer mehr Gesetze".
Mit Maßnahmen wie beschränkten Verkaufszeiten, höherer Besteuerung oder einem Werbeverbot für alkoholhaltige Getränke könne man bestenfalls Symptome, nicht aber Ursachen bekämpfen, waren sich alle drei Vertreter einig. Mit prohibitionsartigen Richtlinien dränge man die Bevölkerung an den Rand der Kriminalität, als abschreckendes Beispiel zogen sowohl Egon Stumpf als auch Dr. Bernd Weiß die Prohibition der 30er Jahre in den USA heran. Besonders die Werbung sei für mittelständische Brauereien, aber auch für zahlreiche von Getränkeherstellern gesponserte Vereine existenziell wichtig. Wolfgang Brühl führte hier das Beispiel des Volleyballbundesligisten aus seiner Heimatstadt Eltmann auf, der ohne das Sponsoring einer ortsansässigen Brauerei weder den Spielbetrieb, noch die "tolle Jugendarbeit" aufrechterhalten könnte.
Statt Werbeverboten oder Steuererhöhungen sieht Brühl wirkliche Ansatzpunkte zur Ursachenbekämpfung darin, "die Bildungspolitik zu verbessern und die Frage nach sozialer Gerechtigkeit zu debattieren und zu verbessern".
Alkohol und speziell Bier seien ein fester Bestandteil unserer Kultur, daher solle man statt Verboten insbesondere Jugendliche zum verantwortungsbewussten Umgang mit dem Genussmittel Alkohol erziehen, so der Diplompädagoge Stumpf. Auch mit Hinblick auf das Thema Rauchverbot, das im Laufe des Gespräches tangiert wurde, gab der FDP-Mann zu verstehen, dass es Dinge gebe, "in die sich die Politik nicht unbedingt einmischen muss". Die Menschen sollen lieber "selbst vernünftig entscheiden".
Dr. Bernd Weiß zog das Fazit "Was Werbeverbote, Altersgrenzen und Steuererhöhungen angeht, so bin ich bei der Lenkungswirkung solcher Instrumente skeptisch. Aufklärung und Prävention sind wichtig. Aktionspläne halte ich für Aktionismus". Alkohol und Alkoholmissbrauch ist gerade in jüngster Vergangenheit wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Nach Vorschlägen der EU hat der deutsche Drogen- und Suchtrat einige Ideen zur Bekämpfung des problematischen Trinkverhaltens, vor allem Jugendlicher, entwickelt. Diese wurden zum Teil von der Bundesdrogenbeauftragten aufgegriffen und sorgten bereits auf hoher politischer Ebene für Diskussionsstoff. Auf Basis dieser Ideen hat der bayrische Brauereiverband und der Verband privater Brauereien gemeinsam einen Fragenkatalog entwickelt, den sie Politikern aller Parteien vorlegen, um so auf das Problem aufmerksam zu machen und eine intensive Auseinandersetzung zu fördern.